Träumst du von Verstorbenen? Psychologen entdecken, was dein Gehirn dir damit sagt

Was es wirklich bedeutet, wenn du von jemandem träumst, der nicht mehr lebt

Du wachst auf und fühlst ein tiefes Kribbeln im Bauch. Hast du gerade mit deinem verstorbenen Vater einen Spaziergang gemacht? Oder hat dir deine Oma, die vor Jahren von uns ging, im Traum einen weisen Rat erteilt? Warst du gar mit deinem besten Freund unterwegs, so lebendig, als wäre er nie fort gewesen?

Sollten dir solche Träume bekannt vorkommen, bist du nicht allein. Viele Menschen berichten im Laufe ihres Lebens davon, von Verstorbenen zu träumen – besonders nach dem Verlust eines geliebten Menschen. Für manche sind sie fast spirituelle Begegnungen, während die Wissenschaft ganz konkrete psychologische Mechanismen dahinter erkennt.

Warum träumen wir von Verstorbenen?

Träume von Verstorbenen sind ein essentieller Bestandteil der emotionalen Verarbeitung von Verlust. Forscher wie Dr. Joshua Black von der Brock University in Kanada haben herausgefunden, dass etwa 60 Prozent der trauernden Menschen im ersten Jahr nach einem Todesfall solche Träume erleben. Besonders in den ersten Monaten bis zwei Jahre nach dem Verlust treten sie häufig auf, können aber auch viele Jahre später wiederkehren.

Das Gehirn arbeitet im Hintergrund

Während wir schlafen, insbesondere in intensiven Traumphasen, verarbeitet unser Gehirn emotionale Erfahrungen. Erinnerung, ungeklärte Gefühle und tief verankerte Bindungen gelangen dann an die Oberfläche. Menschen, die uns tief geprägt haben, hinterlassen Spuren, die auch nach ihrem Tod nicht einfach verblassen.

Unser Gehirn ist wie ein Archiv, dessen Kapitel über unsere Liebsten – auch jene, die nicht mehr bei uns sind – weiterhin erhalten bleiben. Manchmal schlägt unser Unterbewusstsein diese Seiten auf, wenn wir träumen.

Arten von Träumen über Verstorbene

Traumforscher haben verschiedene Typen solcher Träume identifiziert, die Aufschluss über ihre emotionale Bedeutung geben können:

1. Wiedersehen-Träume

In diesen Träumen ist die verstorbene Person wieder ganz da, als wäre nichts geschehen. Gespräche, gemeinsame Erlebnisse – alles wirkt vertraut und normal.

Was sie bedeuten: Der tiefe Wunsch nach Nähe, Trost und Vertrautem steht im Vordergrund. Diese Träume spiegeln das Verlangen wider, mit der geliebten Erinnerung in Verbindung zu bleiben.

2. Ratgeber-Träume

Die verstorbene Person taucht auf, um dir etwas mitzuteilen oder einen Rat zu geben, der dir hilft, eine Entscheidung zu treffen.

Was sie bedeuten: Das Gehirn überträgt die intuitive Weisheit, die wir dieser Person zuschreiben, in eine symbolische Szene, oft bei Bezugspersonen, die einst eine beratende Rolle hatten.

3. Abschiedsträume

Emotional intensive Träume, in denen ein bewusster letzter Abschied vollzogen wird. Umarmungen, Gespräche oder ein letzter Blick können Teil solcher Träume sein.

Was sie bedeuten: Das Unterbewusstsein signalisiert, dass ein Verarbeitungsschritt erreicht ist und innerer Frieden langsam einkehren darf.

4. Warnträume

Hier erscheint der Verstorbene warnend oder besorgt und versucht, dich auf eine bestimmte Situation aufmerksam zu machen.

Was sie bedeuten: Solche Träume spiegeln meist keine übernatürlichen Warnungen wider, sondern innere Ängste oder Sorgen – manchmal auch Schuldgefühle.

Was sagt die Wissenschaft dazu?

Die Psychologin und Traumforscherin Dr. Deirdre Barrett von der Harvard Medical School hat herausgefunden, dass Träume von Verstorbenen oft besonders lebendig und emotional sind. Sie treten meist während der REM-Phase des Schlafes auf, einer Zeit intensiver Gehirnaktivität, in der die emotionalsten Träume vorkommen.

Trauerarbeit im Schlaf

Der renommierte Trauerforscher Dr. William Worden erklärt, dass diese Träume dabei helfen, zentrale Aufgaben der Trauer zu bewältigen:

  • Den Verlust realisieren: Das Gehirn drückt langsam aus, dass die geliebte Person nicht mehr zurückkehren wird.
  • Gefühle verarbeiten: Traurigkeit, Liebe, Wut – im Traum ist Platz für all das.
  • Die Beziehung neu definieren: Vom realen Kontakt zu einer anhaltenden inneren Verbindung.
  • Rückkehr ins Leben finden: Träume können Hoffnung spenden und eine neue Normalität fördern.

Wann treten solche Träume besonders häufig auf?

Wichtige Jahrestage

Geburtstage, Todestage oder besondere Feiertage wecken Erinnerungen – und die Wahrscheinlichkeit für solche Träume. Zu diesen Zeiten ist unser emotionales Gedächtnis besonders aktiv.

Stressphasen und Krisenzeiten

Wenn unsere inneren Reserven aufgebraucht sind, suchen wir unbewusst nach Halt. Träume von Verstorbenen können Trost spenden, besonders wenn diese Menschen einst wichtige Unterstützer waren.

Neue Lebensabschnitte

Wechsel im Beruf, Heirat oder die Geburt eines Kindes können diese Träume auslösen. Häufig geht es dabei um den Wunsch, dass bedeutende Menschen in irgendeiner Form am eigenen Leben teilnehmen.

Wiederkehrende Träume: Was steckt dahinter?

Ungelöste Konflikte

Offene Themen oder fehlende Abschiede können im Traum ihren Raum finden und ausbalanciert werden.

Besonders enge Bindung

Eine tiefe emotionale Verbindung, wie zu Eltern, Partnern oder engen Freunden, kann das Gehirn dazu bringen, diese wiederholt in Träumen aufzusuchen.

Schuld und Reue

Unverarbeitete Schuldgefühle können sich in Träumen manifestieren und sowohl eine Belastung als auch einen Schritt zu innerer Heilung darstellen.

Kultureller Umgang mit solchen Träumen

Während im Westen häufig psychologische Erklärungen im Vordergrund stehen, betrachten viele Kulturen Träume von Verstorbenen als echte spirituelle Besuche. In indigenen, asiatischen oder afrikanischen Traditionen sind solche Träume häufig Teil des kollektiven Verständnisses vom Leben nach dem Tod.

Auch in Deutschland wird zunehmend anerkannt, dass diese Träume nicht nur zufällig sind, sondern eine bedeutungsvolle emotionale Wirkung entfalten – unabhängig von ihrer Ursache.

Wie kannst du damit umgehen?

Gefühle zulassen

Trauer, Freude, Verwirrung – all das ist erlaubt. Solche Träume bewegen tief und dürfen auch widersprüchliche Emotionen auslösen. Nimm sie an, ohne sie zu bewerten.

Träume aufschreiben

Ein Traumtagebuch kann dir helfen, Muster zu erkennen und deine Emotionen zu ordnen. Beim späteren Nachlesen ergeben sich oft neue Einsichten.

Gespräche führen

Reden mit Freunden, Familie oder einem Vertrauten kann neue Perspektiven eröffnen und unerwartete Gemeinsamkeiten zutage fördern.

Professionelle Unterstützung suchen

Wenn Träume emotional überwältigen oder belastend sind, kann therapeutische Begleitung sinnvoll sein – ganz ohne Scham.

Die stille Weisheit unserer Träume

Obgleich Träume von Verstorbenen in ihren Arten variieren, zeigen sie uns, dass tiefe Liebe und emotionale Bindung selbst den Tod überdauern können. Sie erlauben uns, innezuhalten und Heilung zu finden.

Dr. Joshua Black beschreibt sie als eine Art inneren Dialog, der Trost und Orientierung bietet. Viele berichten, dass sie sich nach solchen Träumen verstanden, geborgen und dem Verstorbenen ein Stück näher fühlen.

Wenn dich also ein Traum zurück in die Straßen eurer gemeinsamen Erinnerungen führt – nimm ihn an. Vielleicht ist es eine stille Botschaft deines Unterbewusstseins, dass wir Menschen mehr sind als nur Körper, und dass manche Verbindungen uns weiterhin durch die Welt der Träume begleiten dürfen.

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